Ende der Nachtflüge nicht in Sicht
Kölner Stadt-Anzeiger vom 21.09.07
Düsseldorf / Siegburg - Der Landtag hat mit der Stimmenmehrheit von CDU und FDP Anträge der Grünen abgelehnt, vor einer Minister-Entscheidung über Nachtflüge am Flughafen Köln / Bonn eine Anhörung von Experten und Anliegerkommunen durchzuführen und das Parlament zu beteiligen. Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) hatte ein solches Vorgehen mit Hinweisen auf ein seiner Ansicht nach anderenfalls notwendiges Planfeststellungsverfahren und die Zuständigkeiten seines Amtes abgelehnt.
Horst Becker, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, unterstellt der schwarz-gelben Koalition, in der Frage des nächtlichen Passagierflugverbots einen Rückzieher von eigenen Ankündigungen zu unternehmen. CDU- und FDP-Abgeordnete hätten sich mit ihrem Abstimmungsverhalten selbst entmündigt, während der Minister dem Nachtflug in heutigem Ausmaß eine „quasi Ewigkeitsgarantie“ verleihen wolle.
Für die von Fluglärm geplagten Anlieger ist damit keine Entlastung in Sicht, zumal die nächtliche Ruhestörung auch ohne Passagierflüge beträchtlich ist und bleibt. Dass beispielsweise ein „Logistik-Tagesfrachtzentrum“ ein Heilmittel gegen nächtlichen Fluglärm sein könnte, hat ein Gutachten der Fachhochschule Bad Honnef / Bonn widerlegt, das in dieser Woche in Siegburg vorgestellt worden ist. Fazit der 77-seitigen Studie: Frachtflüge von der Nacht in den Tag zu verlegen funktioniert nicht, weil das austarierte Zusammenspiel globaler Logistik solche „Störungen“ nicht zulässt.
Die Professoren Ulrich Desel und Karsten Leibold haben den Airport und seine Frachtflüge in Zusammenhang mit dem internationalen Logistikgeschäft gestellt, das weltweit boomt. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate liegt bei 6,1 Prozent, in hiesigen Gefilden bei sieben bis acht Prozent. Gleichzeitig schrumpfen die Renditen in der Frachtflug-Branche. Leibold legte zudem dar, dass die Frachtfliegerei auf „Nachtsprünge“ setze: Was abends eingeliefert wird, ist am nächsten Morgen bis neun Uhr beim Kunden. Dahinter stecke das betriebliche Kalkül vieler produzierender Kunden, ihre Teil „just in time“ geliefert zu bekommen.
Das „Wettbewerbsumfeld“ erfordere Nachtflüge, heißt es zusammenfassend im Gutachten, eine Verschiebung der Aktivitäten in den Tag sei kaum möglich. Ein einzelner Flughafen habe „keine Chance, weder die weltweit etablierten Transportstrukturen noch die Kundenbedürfnisse nachhaltig zu verändern“. Ein „rigides Vorgehen“ gegen Nachtflüge habe eher zur Konsequenz, dass die Fluggesellschaften den Airport links liegen lassen und abwandern.
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