Streit im Kreishaus - Landrat legt sich mit Grünen an - KStA vom 14.04.2012
Nachdem Politiker von Grünen und SPD im Kreishaus Presseerklärungen zum Thema Fluglärm abgaben, sieht CDU-Landrat Frithjof Kühn das Gastrecht für den Wahlkampf missbraucht. Auf seine Kritik reagierte Horst Becker von den Grünen prompt und heftig.

Rhein-Sieg Die Sitzung der Fluglärmkommission für den Köln/Bonner Flughafen am Mittwoch im Siegburger Kreishaus könnte ein politisches Nachspiel im Kreis haben. Das zumindest hat Landrat Frithjof Kühn angekündigt. Der CDU-Politiker ist nach Angaben der Kreispressestelle "irritiert", dass sich mehrere Teilnehmer im Anschluss an die nicht-öffentliche Sitzung "ohne vorherige Absprache" gegenüber Journalisten geäußert und Interviews gegeben haben.

"Wir haben für die nicht-öffentliche Sitzung der Fluglärmkommission gerne und gastfreundlich Räumlichkeiten im Kreishaus zur Verfügung gestellt, um die Arbeit der Lärmschutzkommission zu unterstützen", so Kühn. Interviews hatte neben Mitgliedern der Kommission auch Landesverkehrsminister Harry K. Voigtsberger (SPD) gegeben. Auch Horst Becker (Grüne), zuletzt parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium und einer der Architekten der schwarz-grünen Koalition im Kreistag, hatte mit Journalisten gesprochen.Von "Presseerklärungen" aber, so Kühn, sei im Vorfeld der Sitzung nie die Rede gewesen. "Im Lichte der bevorstehenden Landtagswahl bedaure ich, dass dieses Entgegenkommen eindeutig ausgenutzt wurde. Ich schließe nicht aus, dass das in der Kreispolitik ein Nachspiel hat."

Inhaltlich bewertet der Landrat die Sitzung der Kommission allerdings positiv. Die Ankündigung von Voigtsberger, dass die Landesregierung in Kürze einen Antrag auf Nachtflugverbot für Passagiermaschinen an das Bundesverkehrsministerium schicken werde, sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. Im nächsten Schritt müsse dann aber eine Verlagerung des nächtlichen Frachtflugs in den Tag folgen, wie dies der Kreistag mehrfach gefordert habe. In dieser Angelegenheit habe die Landesregierung allerdings bislang nicht gehandelt. Diesen Vorwurf weist Horst Becker zurück. Schon in den Koalitionsvereinbarungen der rot-grünen Minderheitsregierung sei klar gewesen, dass diese das Thema angehen werde.

Dagegen habe Kühns Parteifreund, der damalige Landesverkehrsminister Oliver Wittke, die Nachtflugregelung 2008 ohne lärmmindernde Auflagen und ohne Beteiligung der Umlandkommunen bis 2030 verlängert. Kühn selbst, so Becker, unternehme nichts, um die Bemühungen der rot-grünen Landesregierung für ein nächtliches Passagierflugverbot zu unterstützen - etwa durch einen Appell an den Bundesverkehrminister, das Nachtflugverbot umzusetzen. Auch von einem Aufruf Kühns an den CDU-Spitzenkandidaten Norbert Röttgen, sich als Bundesumweltminister im Kabinett für das Nachtflugverbot einzusetzen, sei bislang nichts bekannt geworden. Wenn Kühn nun Teilnehmer der Sitzung der Fluglärmkommission kritisiere, greife er nach "jahrelangem Schweigen völlig daneben", so Becker.

Der CDU-Landrat gebe "im Schafspelz eines angeblich um Neutralität besorgten Landrates den wahlkämpfenden Wolf" und schade genau den inhaltlichen Beschlüssen zum Thema, die er zu vertreten vorgebe. "Oh, Frithjof, hättest du doch geschwiegen", gibt Horst Becker seinem langjährigen Duzfreund mit auf dem Weg. Deutliche Worte findet auch die grüne Kreistagsfraktion. Von einem "Fehltritt" Kühns spricht Ingo Steiner. Gabi Deussen-Dopstadt warf dem Landrat vor, das Thema Fluglärm "mit Kleinigkeiten" zu zerreden.